Gamingbars in Deutschland sind ein schwieriges Thema. Doch seit ein paar Jahren tut sich hier endlich etwas mehr.
Wie steht es allgemein um Gamingbars in Deutschland?
Als Betreiber einer Gaming-Bar schaue ich mich seit Jahren nach anderern Gamingbars um – sowohl national als auch international. Gibt es neue Konkurrenz? Was machen andere Bars was man eventuell übernehmen kann? Zusätzlich führe ich seit Jahren eine Liste, in die ich jede neue Gamingbar eintrage die ich entdecke. Falls ich mal in einer Stadt bin in der es eine gibt besuche ich diese natürlich. Bisher war ich in mindestens neun verschiedenen Bars in vier Ländern.
Während es in Deutschland aktuell fünf Gamingbars gibt sieht es in anderen Ländern ganz anders aus. Zum Teil gibt es in einzelnen Städten sogar mehrere Bars. Vor ein paar Jahren gab es in Budapest mindestens vier Bars die sich mit Esports/Gaming beschäftigten – damals waren das mehr als in ganz Deutschland existierten!
Woran liegt es?
Ich habe seit Jahren das Gefühl, dass Deutschland im 20. Jahrhundert hängen geblieben ist. Nicht gesellschaftlich aber auf Entscheidungsebene. Das Internet ist noch immer „Neuland“, weshalb sich im DAX auch kein einziges Internetunternehmen finden lässt. Aus Deutschland kommt keine digitale Innovation, maximal Kopien von international erfolgreichen Produkten (Hi, Rocket Internet).
Beim Internetausbau sind wir unter den Schlusslichtern Europas, Videospiele werden immer noch als „Kinderspielzeug“ angesehen. Vor allem die Killerspieldebatte um den Jahrhundertwechsel hat LANs, lokale Clans und die gesamte Gamingkultur in Deutschland für Jahrzehnte dauerhaft geschädigt. Sponsoren und Politiker waren lange verschreckt und selbst heute poppt diese Diskussion ab und zu noch auf.
Dazu kommt nicht zuletzt eine USK die sich in den letzten Jahren zwar deutlich gebessert hat, trotzdem noch Einschränkungen macht die den Konsum von Videospielen weit nach hinten verschiebt. So konnte man jahrzehntelang in Deutschland zum Teil über Videogame-Meilensteine nicht einmal schreiben. Und während in Nachbarländern auch schon sechsjährige Kinder in Clans CS:GO trainieren könnten geht das in Deutschland erst ab sechzehn. Was das für eine Nachwuchsförderung bedeutet muss ich nicht erklären.
Dieser Umgang mit Videospielen und digitalen Technologien allgemein setzt sich bei der Finanzierung fort. Bekommt man für eine Gastronomie aufgrund der schwierigen Branche sowieso kaum einen Kredit wird es mit Gaming nicht einfacher. Das Meltdown Cologne hat bereits im ersten Jahr die Erwartungen aus dem Businessplan übertroffen. Trotzdem hagelte es von Banken ursprünglich nur Absagen aufgrund „unrealistischer Prognosen“.
Welche Gamingbars gibt es aktuell in Deutschland?
Meltdown Cologne
Das Meltdown ist mein Laden. Es gibt uns seit Januar 2016 und ich glaube wir sind was das reine Konzept „Gamingbar“ angeht wohl die größte und erfolgreichste Deutschlands. Die „Interface Bar“ gibt es zwar länger aber durch den Standort Köln haben wir mit Gamescom, ESL One und vielen Events großer Publisher mehr zu bieten als jede andere Gamingbar.
Dazu laufen bei uns seit Jahren viele verschiedene erfolgreiche Eventreihen. So weit ich weiß sind der Pen & Paper Abend, Werwolf und unser wöchentliches Smash Bros. Turnier die größten ihrer Art in Deutschland. Auch platzmäßig haben wir mit sieben Konsolen und sechs PCs auf 140m² ziemlich viel zu bieten.
Loot Gaming & Shisha Lounge (Würzburg)
Die „Loot Lounge“ in Würzburg (Bayern) hat einen USP und zwar Shishas. Man kann hier nicht nur an PS4 und Switch zocken sondern dabei auch noch eine Wasserpfeife rauchen. Entsprechend gibt es auf den Social Media Kanälen der LL auch immer mal wieder Werbung zu neuen Tabaksorten oder es werden sogar Streams/Videos mit Tabakvorstellungen verlinkt.
„Das Loot“ hat während des zweiten Lockdowns nicht nur Glühwein und Lebkuchen togo verkauft, man konnte sich auch eine Nintendo Switch inkl. Spielen fürs Wochenende ausleihen. Definitiv gute Ideen die auch andere Gamingbars in der Krise minimale Umsätze bescheren könnten.
Selbst war ich leider noch nicht „dort, als jemand der früher mal sehr viel Shisha geraucht hat kann ich mir das Ganze aber sehr gemütlich vorstellen. Als Nichtraucher wäre das Ganze inzwischen vielleicht nicht mehr so mein Fall und mit FIFA – was im Loot scheinbar einen sehr großen Stellenwert einnimmt – kann ich leider überhaupt nichts anfangen. Die Loot Lounge steht aber definitiv auf meiner Liste an Bars die ich mir in Zukunft anschauen möchte!
https://www.facebook.com/lootlounge
https://www.instagram.com/loot_lounge_wuerzburg/
Game On (Papenburg)
Im Nordwesten Niedersachsens befindet sich Papenburg, ein kleines 40.000 Einwohner Dörfchen. Es beweist, dass eine Gamingbar selbst in kleinen Städten funktionieren kann. Neben Playstation 4, Switch und Brettspielen kann im Game On seit Ende 2019 auch an drei Dartscheiben gespielt werden.
Die Kombination von Gaming, Brettspielen und Dart ist übergreifend und hat das Potenzial für ein sehr breites Publikum. Ich habe mich im Meltdown bewusst gegen eine solche Verschmelzung entschieden – in Köln gibt es zu viele Kneipe mit Dart und Kicker. Ich kann mir aber vorstellen, dass in kleinen Städten so etwas gut funktionieren kann. In Bottrop – meiner ursprünglichen Heimat – gibt es kaum Kneipen für junge Leute. Bietet man dort so etwas an sollte das auch funktionieren!
Leider war ich selbst noch nicht dort, weshalb ich mir kein subjektives Urteil erlauben möchte – das Game On steht aber definitiv noch auf meiner Liste!
https://www.facebook.com/GameOnPBG/
https://www.instagram.com/GameOnPBG/
Gamingbars in Deutschland – das war noch längst nicht alles!
Dieser Artikel ist Teil einer Reihe. In Teil 2 geht’s unter anderem um die größte und die älteste Gamingbars Deutschlands.
Andreas organisiert seit 2012 eSports-Events in Köln und leitet seit Januar 2016 die Gaming- und eSports-Bar „Meltdown Cologne“. In seiner Freizeit versucht er ab und zu Sport zu treiben, schaut Serien und spielt Games oder mit seinen Katzen. Dazu trinkt er tagsüber literweise Kaffee und abends gerne Wein oder gutes Bier.