Nachteile einer Gamingbar

Nein – eine Gamingbar ist nicht immer nur modern, innovativ und am Puls der Zeit. Eine Gamingbar hat auch Nachteile gegenüber anderen Bar-Konzepten. Auf einige davon möchte ich in diesem Artikel eingehen.

Personalaufwand

In der Gastro – zumindest in meiner – sind die Personalkosten der größte Kostenfaktor. Natürlich kann hier durch straffere Prozesse und gute Angestellte einiges optimiert werden aber grundsätzlich sind diese Kosten nicht sehr weit zu drücken. Vor allem wenn man seine Angestellten nicht ausbeuten möchte und mindestens nach Tarif bezahlt.

eSports- und Gamingbars haben hier noch ein weiteres Problem, denn durch die vielen Spielmöglichkeiten sind hier deutlich mehr Arbeiten nötig als in einer „normalen“ Bar. All die „normalen“ Arbeiten fallen hier natürlich auch an. Allerdings kommen neben der Bedienung von Gästen, dem Aufräumen, dem Zapfen von Bier oder Herstellen von Cocktails hier noch viele weitere Aufgaben hinzu. Bei uns ist das z.B. das Herausgeben (und später auch das Wiederannehmen) von Controllern, denn diese gibt’s nur an der Theke. Manch andere Bar lässt die Controller angeschlossen an den Konsolen aber dies führt unserer Meinung nach zu diversen Problemen. Sollen die Controller an Kabeln hängen (damit sie immer geladen sind) müssen diese entsprechend lang sein und dürfen nicht im Weg herum hängen. Zudem muss man sicherstellen, dass diese Kabel auch nach dem Spiel noch angeschlossen sind. Außerdem brechen Kabel die viel bewegt werden gern oder verheddern sich.

Bei uns gibt’s die Controller also nur gegen Pfand. Und das natürlich auch, um Diebstahl vorbeugen zu können, aber noch wichtiger ist meiner Meinung nach ein ganz anderer Punkt. Wenn der Gast zum Zocken nicht an die Theke kommen muss kann es passieren, dass er einfach durchläuft und es nie zu einem persönlichen Kontakt zwischen Gast und Barpersonal kommt. Und dieser Kontakt ist wichtig! Nicht nur für’s allgemeine Kennenlernen, für ein kurzes Gespräch („Was für ein Spiel kannst du uns denn empfehlen?“) und Fachsimpeln. Auch ganz einfach aus ökonomischen Gründen: Denn an der Theke kann man ihn dann höflich darauf hinweisen, dass es schon ganz nett wäre, wenn er auch etwas bestellen und nicht nur auf unsere Kosten zocken würde 😉

Stromkosten!

Auch hier gilt wieder: eine eSports- oder Gaming-Bar hat im Grunde ähnliche Grund-Stromkosten wie jede andere Bar. Gerade die Kühlung macht hier einiges aus (Kühlschränke, -theken, -häuser oder -keller, etc etc) aber natürlich auch die richtige Beleuchtung. Denn auch wenn man natürlich fast alles mit LEDs machen sollte geht einiges aktuell einfach noch nicht und zumindest Halogen-Lampen sind nötig.

Was bei eSports- und Gaming-Bars aber zusätzlich anfällt ist die gesamte Technik: Konsolen, zig Fernseher für die Streams und vor allem die PCs sind wahre Stromfresser! Und sie führen zu einem Folgeproblem, denn all diese Geräte heizen die Umgebung auf. Läuft dann die Bar auch noch so gut, dass parallel dazu viele Menschen vor Ort sind werden die Temperaturen schnell unangenehm – und eine Klimaanlage unausweichlich.

Das Meltdown in Köln hat sich bereits im ersten Jahr eine und im zweiten Jahr eine weitere Klimaanlage angeschafft. Die Anschaffung einer dritten Anlage wird aktuell geprüft.

Diese Anlagen sind natürlich eine immense Investition (inkl. Einbau kostete die erste eine fünfstellige Summe) und noch viel schlimmer: sie bringen enorme laufende Kosten mit sich. Allein die größere unser beiden Klimaanlagen verbraucht im Höchstbetrieb gerne so viel Strom wie 20 highend Gaming-PCs.

Einziger Vorteil in diesem Bereich: durch die vielen technischen Geräte spart man bei den Heizkosten. Unsere klassischen Heizungen laufen – allerdings auch dank der Heizfunktionen unserer Klimaanlagen – gar nicht mehr. Leider gleicht das eine das andere keineswegs aus…

Junges Publikum

Das klassische Problem. Während es tausende von Studentenbars gibt halten sich viele von diesen auch nur mit „Happy Hour die ganze Nacht“ oder „Alle Cocktails für 4 Euro“ Angeboten. Was dann da wirklich im Glas ist oder wie die Bar das finanziert will man meist wahrscheinlich eher nicht wissen.

Das typische Publikum einer eSports- und Gaming-Bar besteht zu einem sehr großen Anteil aus recht jungen Leuten um die 20 Jahre und die haben in Ausbildungs- oder Studiumszeiten zwar Geld aber nur wenige sind bereit, dies auch auszugeben.

Hier ist das Konzept der Gamingbar eher eines, das auf Langfristigkeit angelegt ist: die Gäste werden älter, verdienen mehr und können mehr ausgeben. Ob sie allerdings später auch noch regelmäßig in die Bar kommen wenn sie im Berufsleben stehen, eventuell aus der Stadt wegziehen, etc bleibt natürlich fraglich.

Keine Einnahmen durch’s Zocken?

Je nach Konzept bezahlt man in manchen Bars fürs Zocken und in manchen nicht. Bei uns im Meltdown z.B. ist das Zocken (sowie die Turnierteilnahmen) immer gratis.
Die zweite Option ist ein immenser Nachteil wenn man es mit klassischen Kneipenspielen vergleicht. Kicker, Billard, Darts & co bringen immer Nebeneinnahmen. Dazu kommt die Tatsache, dass PCs teurer als klassische Barspiele sind und die Wartung und Instandhaltung erhebliche Kosten verschlingt!
Auch kann Peripherie hier relativ einfach gestohlen werden während ich noch nie davon gehört habe, dass ein Gast mit einem Kickertisch unter dem Arm aus einer Bar verschwunden ist 😉

Um im Bereich des Gamings zu bleiben könnte man sagen, dass das Meltdown eine Art „free-to-play“ Gaming-Bar ist. Das Zocken ist gratis, die Bar verdient nur an den Getränken. So wie ein free-to-play Titel so lange kein Geld kostet bis man sich optische Verschönerungen (oder in pay-to-win Titeln auch Skill) leisten möchte. Die Hoffnung liegt hier in der Tatsache, dass Gäste eher kommen (und bleiben) wenn das Zocken nichts kostet. Auch wir haben seit Jahren diverse Gäste denen schlicht und einfach das Geld für’s Zocken fehlen würde. Solche Gäste bringen aber vielleicht auf den zweiten Blick Geld, nämlich wenn sie Freunde mitbringen oder überall von ihrer Lieblingsbar sprechen. Aber natürlich ist das free-to-play Konzept mit einem gewissen Risiko verbunden und läuft je nach Bar mal besser und mal schlechter.

Das Konzept des Spielens gegen Geld scheint aber ebenfalls zu Problemen ganz anderer Art zu führen. Mir ist zumindest ein Fall bekannt in dem dies wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass keine Konzession erteilt wurde. Die Stadt argumentierte hier (eventuell auch wegen Turniergebühren?) es handele sich um Glücksspiel. Eine solche Einordnung kann zu mannigfaltigen Folgeproblemen führen, da dies im worst-case Szenario die Einstufung als „Vergnügungsstätte“ zur Folge haben kann. In einem solchen Fall ist unter anderem ein Zugang für Jugendliche ausgeschlossen und alle Fenster müssen mit einem Sichtschutz versehen werden. Ich werde diese Frage wohl später noch in einem gesonderten Artikel behandeln.

Hardware und Technik

Eine eSports- und Gaming-Bar braucht eine Menge Technik die eine normale Bar nicht braucht. Und da rede ich nicht nur von den offensichtlichen PCs + Peripherie oder von Konsolen + Controllern. Hier bekommt man eventuell noch über Partnerschaften oder Sponsoring einiges hin wenn man es genug bewirbt, die richtigen Leute kennt, etc.
Ich rede aber auch von Fernsehern, von PCs zum Bespielen der Fernseher, von HDMI-Splittern oder -Matrizen um die Bilder von den PCs auf die TVs zu bekommen, von Netzwerk- und WLAN-Technik. Und von zig hundert Metern Kabel.
All das muss gekauft, eingerichtet und gewartet werden. Und hier wird es dann schwer mit Sponsoring & co.

Vorurteile und Klischees (zumindest heute noch)

Auch heute gibt es immer noch Leute, die nicht in eine eSports- oder Gaming-Bar gehen weil die Klischees sie davon abhalten. Dies ist meiner Meinung nach vorwiegend ein Altersproblem, denn sonst hätten wir mit Sicherheit mehr Gäste über 30 Jahren. Selbst Gamer in meinem Alter, die sich für „cool“ halten glauben, sie wären eine Ausnahme und bei mir im Laden liefen nur „Vollnerds“ herum. Ich denke, dass es in Zukunft weniger dieser Vorurteile geben wird – auch und gerade wegen der Existenz von Gaming-Bars die sie widerlegen! Und da ich das Ganze schon seit 2012 mache vermerke ich definitiv einen Trend in die richtige Richtung. Natürlich auch, weil es heute mehr „junge“ Leute gibt, die wissen, dass die Klischees gegenüber Gamern nur selten stimmen.

Nichtsdestotrotz sehe ich auch heute noch Gruppen aus jungen (!) Leuten, die kurz interessiert vorm Laden stehen bleiben und dann weitergehen. Traurig dabei ist, dass tatsächlich oftmals in solchen gruppen Gruppen die Jungs vor dem Fenster stehen bleiben und die Mädels drängen, weiterzugehen. Die gesellschaftliche Ansicht, zocken sei ja „nichts für Mädchen“ scheint auch hier ganze Arbeit geleistet zu haben.

Zu viele Contras?

Und was ist nun das Fazit? Lohnt sich eine Gaming-Bar angesichts all dieser Problemfaktoren überhaupt?

Nun, das kommt darauf an, was man für Ziele hat. Einen Arbeitsablauf mit möglichst wenig Faktoren? Wenige Kosten? Dann wird es mit einer Gaming-Bar schwierig. Aber eine Bar ohne richtiges Alleinstellungsmerkmal ist – man beobachte die regelmäßig schließenden Bars überall – auch keinesfalls eine Erfolgsgarantie.

In allen dieser „Problembereichen“ lässt sich etwas optimieren. Ein ausgeklügeltes Verleihsystem hier, das Animieren der Gäste zum Verzehr von Drinks dort, gute Öffentlichkeitsarbeit zur Bekämpfung von Klischees, usw.

Erfahrung > alles

Wenn ich bei der Eröffnung schon all das gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich definitiv eine fünfstellige Summe gespart. Und dies geht durch alle Bereiche. Bei Bau und Technik der Theke, dem Arbeitsablauf im Team, bei (W)LAN, Sound- und Lichttechnik: viele dieser Nachteile einer Gamingbar bieten Einspar- und Optimierungspotenzial! Die falsche Wahl des Eiswürfelbereiters hat uns – dank geringerer Gewährleistung im gewerblichen Bereich – bereits nach 14 Monaten doppelt gekostet. So etwas ist extrem ärgerlich – aber zu vermeiden!
Ich empfehle darum definitv jedem Interessierten, hier viel mit Menschen aus der Gastro sowie Veranstaltungskaufleuten und -technikern zu reden um einige der Nachteile einer Gamingbar von vornherein möglichst gering zu halten. Und natürlich empfiehlt sich ein Blick auf das Meltdown Franchise. Dieses hat all diese Probleme schon einmal gehabt und z.T. diverse Lösungsansätze pro Situation durchgetestet.

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