Riot Games baut sein Spiele-Portfolio aus – und das mit starkem Fokus auf den Mobile Games Markt! Riot sollte sich ein Beispiel an Blizzards Hearthstone und seinen „Fireside Gatherings“ nehmen, auch – spoiler – wenn da noch mehr geht!
Gleich drei neue mobile Titel
Mit der mobile Version von Teamfight Tactics, Legends of Runeterra (einem Hearthstone-ähnlichen Kartenspiel) und vor allem „League of Legends: Wild Rift“ prescht Riot mit gleich drei Titeln vor und geht damit viele große Schritte auf einmal.
Logisch ist der Schritt allemal! Während der Mobile Markt in Asien boomt haben sich im Westen bisher erstaunlich wenige von den großen Herstellern mit eigenen IPs auf den Markt getraut. Blizzards Start mit Hearthstone läuft zwar seit Jahren recht erfolgreich, umso deutlicher war allerdings der Shitstorm bei der Ankündigung von Diablo Immortal.
Das Potenzial von Mobile Games ist riesig!
Nichtsdestotrotz bieten Mobile Games ein enormes Potenzial: jeder hat heutzutage ein Smartphone, erstrecht in der relevanten Zielgruppe. Gespielt werden kann überall – ein Faktor der auch der Nintendo Switch zu einem enorm schnellen Aufstieg verholfen hat. Eine Runde in der Bahn zur Arbeit, eine Runde auf der Couch, auf dem Klo oder der Badewanne. Es ergeben sich einfach zig mehr Optionen als mit dem ortsgebundenen PC oder der Konsole. Zum Spielen – und natürlich auch zum Geld ausgeben 😉
Für Gamingbars sind Mobile Games ebenfalls ein Segen denn hier benötigt man „nur“ gutes WLAN und schnelles Internet. Keinen teuren PC (oder Konsole) mit Peripherie, einem extra Platz, Strom, Netzwerkkabeln und und und. Jeder einfache Tisch (theoretisch sogar nur eine Sitzgelegenheit) reicht aus! Bei League of Legends Wild Rift können wir also theoretisch hundert Spieler gleichzeitig vor Ort spielen lassen – bei klassischem LoL sechs.
Hearthstones Entwicklung als Paradebeispiel
Da Hearthstone das erste „große“ Spiel einer Triple-A Spielefirma darstellt das auch mobile verfügbar ist – und ich seit Jahren Erfahrungen damit mache – dient es hier als Anschauungsobjekt für die Frage Wie und Was man bei Mobile Games machen kann. Und was eventuell noch fehlt.
Bereits im August 2014 habe ich ein erstes Hearthstone Community-Event – damals „Barstone“ genannt – organisiert. Und da ich nicht der einzige war und Blizzard offensichtlich das Potential lokaler Communities erkannte führte es sog. „Fireside Gatherings“ ein. Fireside Gatherings sind Offline-Events die von lokalen Community-Mitgliedern selbst organisiert werden.
Von der Community getragene Events sind für jede Spieleschmiede aus mehreren Gründen super: es wird ein Mehrwert um das Spiel geschaffen das nur wenig oder gar keine Arbeit vom Spielhersteller erfordert, die Spieler bewerben das Spiel quasi in der Offentlichkeit, sie bleiben durch einen Freundeskreis mit dem sie regelmäßig spielen länger am Ball, etc etc
Natürlich gab es solche Events schon vor Blizzards Aktivwerden aber Blizzard erweiterte seinen Support. Nicht nur durch Unterstützung in Form von Guides (die ebenfalls mithilfe der Community entstanden) und Goodies. Sondern mit etwas – soweit ich weiß – bisher einmaligem…
Plattform und erste Ingame-Belohnungen
Mit der Plattform http://firesidegatherings.com/.
ermöglichte Blizzard es den Organisatoren, ihre Events anzukündigen und zu bewerben. Und natürlich pushte Blizzard diese Seite durch den eigenen Client, Webseiten etc. sodass Interessierte sie auch fanden.
Doch Blizzard ging noch ein paar Schritte weiter, denn es führte Funktionen in den Spielclient ein, die voraussetzten, dass man sich auf einem Fireside Gathering befand. Und belohnte den Besuch im Client selbst!
Den Anfang machte ein Kartenrücken den man nur auf Fireside Gatherings erhalten konnte. Spielte man drei Runden gegen einen anderen Gast bei einem Fireside Gathering erhielten beide Spieler den „Stammtischfreunde“ Kartenrücken.
Das Belohnen mit Game-Inhalten hob Blizzard im Herbst 2017 auf die nächste Stufe: ab sofort war es FSG-Organisatoren möglich, sog. „Gasthäuser“ zu eröffnen. Hier konnte man seine Organisation benennen, ihr ein eigenes Logo (aus Vorlagen) basteln und nun darüber seine Events ankündigen.
Dies gab den Organisatoren nicht nur mehr Anerkennung – schließlich war man jetzt „Gastwirt“ – sondern brachte noch weitere Features.
Das erste war „Nemsy“ – ein Heldenskin, den man ebenfalls nur auf einem Fireside Gathering ergattern konnte.
Diese Aktion sorgte bei uns für die ein oder andere Überraschung, denn für den Skin kamen zum ersten Event über 150 Personen zu uns – zum Teil per Flugzeug aus der Schweiz.
Dass manche von diesen Gästen nur schnell ihre drei Spiele herunter spielten und unseren Laden direkt danach wieder verließen bestätigte leider, dass das Klischee des unsozialen Gamers bei manchen wohl doch noch zutrifft 😉
„Fireside-Chaos“ als exklusiver Spielmodus
Weiterhin gibt es nur bei Fireside Gatherings sogenannte das sogenannte „Fireside-Chaos“. Hierbei handelt es sich um einen Spielmodus der monatlich wechselt und immer andere Spielmodi präsentiert. Für monatliche Fireside Gatherings ist dies eine wunderbare Möglichkeit, eine Abwechslung vom klassischen PvP Spiel zu bieten.
Auch bei anderen Titeln (nehmen wir League of Legends) haben wir mit der Zeit gemerkt, dass das Abweichen von der Norm durchaus gewünschte Abwechslung bieten kann. Immer nur 1v1 oder 2v2 zu spielen wird irgendwann eintönig, weshalb wir irgendwann mit Fun-Modes oder speziellen Regeln anfingen. Nicht umsonst erfreuen sich der „URF“-Mode oder ein schnelles ARAM in LoL so großer Beliebtheit.
Genau diese Funktion hat Blizzard mit dem Fireside-Chaos direkt ins Spiel integriert. Und das meist auch mit Mehrspieler-Varianten die den Sinn hinter Fireside Gatherings – das gemeinsame Spielen – verfolgen.
Exklusive Prelaunch-Parties
Last but not least gibt es seit etwa einem Jahr die Möglichkeit, auf Fireside Gatherings an gewissen Tagen bereits eine Woche vor dem Launch einer neuen Erweiterung die eigentlich noch nicht verfügbaren Kartenpacks zu öffnen und damit spielen!
Leider erlaubt Blizzard hier nur das Öffnen der speziellen Launch-Bundles, also 50 o.ä. Kartenpackungen auf einmal. Das normalerweise mögliche Kaufen von Kartenpacks durch erspieltes Gold ist bei diesen Events nicht möglich. Das macht die Events leider etwas unattraktiver für Casuals
und setzt den Fokus eher auf die Spieler, die bereit sind, Geld auszugeben. Für Organisatoren etwas schade aber ein geschickter Schachzug von Blizzard 😉
Alles toll – aber es ginge noch besser
Leider bin ich natürlich nicht zu 100 Prozent zufrieden mit Blizzards System. Viele der Ingame-Belohnungen gibt es exakt einmal – und das wars.
Den Fireside Kartenrücken gibt es seit Jahren und auch bereits für einmaliges Erscheinen. Der Nemsy Skin ist in einer Stunde erspielt.
Langfristige Motivation, FSGs zu organisieren oder zu besuchen wird dadurch nicht geboten. Ist dann das eine Fireside Gathering zu dem man mal gegangen ist ausnahmsweise nicht gut besucht (oder schlecht organisiert) geht man vielleicht nie wieder hin und Blizzards gesamter Aufwand war umsonst.
Blizzard hätte hier mit wenigen einfach Mitteln eine langfristige Motivation aufbauen können indem es z.B. mehrfache Besuche auszeichnet. Zum Beispiel einen Kartenrücken für zehnmaliges Besuchen eines FSGs, einen für 20, 50, etc.
Oder in jedem Jahr einen anderen Kartenrücken für den Besuch eines (oder mehrerer) Fireside Gatherings. Nicht einen Kartenrücken für einen Besuch in sechs Jahren!
Auch Gastwirte könnte man z.B. für die Organisation von 10/25/50 FSGs belohnen – und somit mehr Anreize schaffen, doch einfach mal selbst so ein Event zu organisieren.
Besser gut kopiert als schlecht neu erfunden
Im Grunde sollte sich Riot – und auch jeder andere Spielefirma – alles was Blizzard mit Hearthstone eingeführt hat ganz genau anschauen – und schlicht kopieren:
- eine Plattform zum Erstellen und Bewerben von Events die von der Community organisiert werden
- Guides, grafische Assets etc um Community-Organisatoren bei der Locationfindung, Planung, etc zu unterstützen
- Support dieser Events mit passenden Goodies/Merch (z.B. als Turnierpreise)
- Ingame-Belohnungen/Achievements für das Besuchen solcher Events
- exklusive Features/Spielmodi und ggf. Pre-Launch-Specials nur für solche Events
Dazu muss das kommen, was Blizzard leider vergessen hat:
Belohnungen für das kontinuierliche Besuchen und Organisieren solcher Events!
Ohne dies bleiben zu viele Spieler faul und verpassen tolle Gelegenheiten, Spielpartner und vielleicht sogar neue Freunde zu treffen. Denn Community-Events sind großartig und der Grund, wieso ich heute den Job mache den ich mache und woher ich den Großteil meines Freundeskreises kenne. (Mehr dazu gibt es unter anderem in diesem Artikel).
Manchmal muss man Leute ein wenig zu ihrem Glück zwingen. Und vielleicht muss man auch heute noch einige „Nerds“ etwas öfter treten, damit sie die eigenen vier Wände verlassen. Viele wissen gar nicht, was sie bei solchen Events verpassen und was ihnen entgeht…
Andreas organisiert seit 2012 eSports-Events in Köln und leitet seit Januar 2016 die Gaming- und eSports-Bar „Meltdown Cologne“. In seiner Freizeit versucht er ab und zu Sport zu treiben, schaut Serien und spielt Games oder mit seinen Katzen. Dazu trinkt er tagsüber literweise Kaffee und abends gerne Wein oder gutes Bier.